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Bild des Monats
Dezember 2021
Faust II: Der Maskenzug 1986
Öl auf Leinwand
Nicht erst seit Corona sind die Masken vor aller Munde. Bereits seit den 60er Jahren setzte sich Eberhard Schlotter mit dem Thema der Maskerade als Metapher für die individuelle Präsentation des Einzelnen in der Gesellschaft auseinander. Seine oftmals durch Spiegel verzerrten „Maskengeschöpfe“ begegnen uns in unterschiedlichsten Ausdrucksformen von grimassierend bis hohl vor sich hinstarrend, ängstlich oder auch leidvoll verloren.
1984 erhält Eberhard Schlotter den Auftrag von einer deutschen Bank, sich mit dem Thema Die Erfindung des Papiergeldes aus Goethes Faust künstlerisch auseinanderzusetzen. Wir befinden uns im 1.Akt von Goethes Faust, der Tragödie 2.Teil: Die Lage im Staat ist ernst. Es naht der Staatsbankrott. Mephisto in der Rolle des Hofnarren verspricht dem Kaiser einen Ausweg aus der Misere: Faust und Mephisto erfinden das Papiergeld. Aber zuvor will man noch den Karneval am kaiserlichen Hof feiern. In dem Bild Der Maskenzug, das im Zuge von Schlotters Arbeit an diesem Auftrag neben anderen Werken entsteht, beleuchtet Schlotter dieses heute noch aktuelle Thema der menschlichen Maskerade. Das zügellose Treiben wird durch die provokante Gegenüberstellung der beiden Figuren des Bildes zusammengefasst. Bildbeherrschend ist die Farbigkeit des prächtigen, aus kostbarer Seide aufwändig gefertigten Gewandes der männlichen Figur. Die Seide kann man anfassen, man kann sie knistern hören, sie hat Präsenz. Der Mann verbirgt sein Gesicht hinter einer weißen, absolut ausdruckslosen Maske. Fern jeder menschlichen Mimik starren uns schwarze Augenhöhlen an, die trotz ihrer Leblosigkeit faszinieren. Eine perfekte Visualisierung von Gesichtslosigkeit. Die verführerische, in Pastelltönen gemalte Schönheit im Hintergrund hat sich entschieden, viel von sich preiszugeben. In lasziver Kleidung und Haltung, die Maske auf die Haare zurückgeschoben, zeigt sie ihr Gesicht. Sie lächelt scheu. Die Augen sind niedergeschlagen. Sie zeigt gefühlvolles Verlangen. Die Darstellung wirkt wie ein karnevalistischer Kampf um Identität, Annäherung und Begegnung im festlichen Treiben. Doch die Maskerade geht weiter im gesellschaftlichen Gefüge. Schlotter thematisiert die Maskerade im Spannungsfeld zwischen Zeigen und Verhüllen als Mittel der nonverbalen Selbstdarstellung. Die Maske nimmt ihrem Träger Individualität, bietet aber auch Freiräume durch Anonymisierung, verschleiert oder betont das Erscheinungsbild. Gerne wüssten wir mehr über die beiden hier dargestellten Personen. Aber auch dieses Gemälde von Eberhard Schlotter ist ein Paradies der Vieldeutigkeit.
Goethe macht uns in folgendem Zitat Mut, in der Interpretation von Kunst der eigenen Wahrnehmung zu trauen:
„ So habt doch endlich einmal die Courage, euch den Eindrücken hinzugeben, euch ergötzen zu lassen, euch rühren zu lassen, euch erheben zu lassen. Da kommen sie und fragen, welche Idee ich in meinem ‚Faust’ zu verkörpern gesucht. Als ob ich das selber wüsste!“ (Christian Baier / Opernhausblog / Oper Dortmund / 2016 )
Die Ergebnisse der künstlerischen Auseinandersetzung Schlotters mit dem Thema präsentierte die Eberhard Schlotter Stiftung im Jahr 2000 in der Ausstellung Faust Aspekte im Bomann-Museum Celle.
Charlotte Kowollik
November 2021
Fisch und Krug
1956, Öl auf Hartfaser
Die Feierlichkeiten anlässlich des 100. Geburtstags von Eberhard Schlotter in diesem Jahr laufen weiter.
Am 24.Oktober wurde in den Räumen des Kunstarchivs in Darmstadt die Doppelausstellung: Eberhard und Gotthelf Schlotter eröffnet.
Eberhard Schlotter (1921-2014) und sein Bruder Gotthelf (1922-2007, Bildhauer) gehörten zu den einflussreichsten und wichtigsten bildenden Künstlern der Darmstädter Kunstszene in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Beide Brüder gestalteten Objekte an Gebäuden und im öffentlichen Raum im Rahmen des Projektes Kunst am Bau, von denen zahlreiche Beispiele in Darmstadt noch erhalten sind. Darüber hinaus war Eberhard Schlotter von 1955-1957 Vorsitzender der Neuen Darmstädter Sezession. Im Kunstarchiv Darmstadt werden 20 Gemälde von Eberhard Schlotter aus der Eberhard Schlotter Stiftung in Celle zu sehen sein. Unter anderem auch das Gemälde Fisch und Krug, das zuletzt 2010 in den Räumen der Stiftung im Bomann- Museum-Celle in der Ausstellung Zwischen den Dingen, Stillleben von Eberhard Schlotter, gezeigt wurde.
Aneka Schult schrieb in einem Artikel in der CZ vom 13.06.2010:
„Auf seinen Reisen durch Spanien erfährt Schlotter erstmals Momente der Stille und Leere. In herumliegenden Dingen nimmt er eine eigenwillige Vitalität wahr. Er malt verlassene Strände und leere Plätze, auf denen sich Fischkörper und voluminöse Gefäße in autonome Wesen verwandeln.“
Obwohl diesen Dingen das Lebendige fehlt, fordert gerade die Leblosigkeit des Dargestellten sowie das Spiel mit der Perspektive und den Schatten die Vorstellungskraft des Betrachters heraus. Indem Schlotter den Schattenwurf von Krug und Fisch vertauscht, nimmt er den Dingen ihre Identität. Die, wie auch in diesem Bild zu sehen, oft spielerische Auseinandersetzung mit der Frage nach Wirklichkeit wird hier erstmals gestellt und im Laufe der Zeit zum zentralen Thema im Kunstschaffen Eberhard Schlotters.
Minimalistisch in Malweise sowie Farbgebung und weit entfernt von einer illusionistischen Raumgestaltung beschränkt sich das Bild auf eine flächige Zweidimensionalität der Formensprache. Durch die Konzentration auf das Wesentliche in der Bildgestaltung gelingt es Schlotter, den Blick des Betrachters auf die Bildaussage zu lenken. Genau darin liegt der Reiz des Bildes.
Fisch und Krug aus dem Jahr 1956 ist ein bedeutsames, frühes Gemälde auf der Suche des Künstlers nach dem, was wir Wirklichkeit nennen.
Oktober 2021
Das Haus des Stierkämpfers, 1957, Mischtechnik auf Leinwand (90,5 x 90,5 cm)
Als Eberhard Schlotter 1956 nach Altea an der Costa Blanca zog, war der heutige Touristenort noch ein kleines, verträumtes Fischerdorf mit einfachen Menschen. In dieser friedvollen, ruhigen Umgebung begann er die sogenannten Leeren Bilder zu malen. Es sind Bilder ohne Menschen, aber mit Inhalt. Schlotter reduzierte die Darstellung der tatsächlichen Landschaftsarchitektur auf eine Konstruktion kurz vor der Abstraktion. Die Bilder erregten Aufmerksamkeit und zählen heute zu seinen besten Werken.
Das Bild Das Haus des Stierkämpfers ist ein scheinbar schlichtes Motiv, das erst durch genaue Betrachtung zu einem reichen Wahrnehmungserlebnis wird. Der Reiz besteht aus dem Zusammenspiel großer, heller, fast strukturloser Flächen und kleiner, filigran wirkender dunkler Formen. Drei dünne Baumstämme sowie die verbogenen Eisenstäbe des Zauns durchbrechen spannungsvoll die horizontalen Linien des Bildes oder enden auf ihnen. Die verdorrten Blätter dieser Bäume bilden ein schmales, dunkles, horizontales Blätterdach als wirkungsvollen Kontrast zu dem lichtdurchfluteten Raum.
Die Klarheit der Bildkonstruktion zeigt, dass in diesem Bild nichts beliebig oder zufällig ist und wird somit zum Spiegel des zentralen künstlerischen Prinzips Schlotters, des Prinzips der Verbindlichkeit der dargestellten Dinge.
Die Frage: Wie wirklich ist die Wirklichkeit ? ist das Kernthema der künstlerischen Arbeit Schlotters. Durch Analogien in seinen Bildern sensibilisiert und erweitert der Künstler auch unseren Blick auf die Wirklichkeit. So stehen die verbogenen, zum Teil rot schimmernden Stäbe zusammen mit dem roten Schloss des Zaunes für zahlreiche, blutige Stierkämpfe und weisen auf die Identität des Bewohners des hinter der Mauer verborgenen Hausen als Stierkämpfer hin.
Schlotter provoziert die Betrachter dieses Bildes indem er ihre Wahrnehmung extrem herausfordert: In der ästhetischen Qualität zweier formloser, unstrukturierter Flächen im Hintergrund des Bildes sollen sie Himmel und Meer erkennen. Und es gelingt. Geprägt durch seine optische Raumerfahrung erkennt der Rezipient in den zwei hellen Flächen, die in einer geraden Linie aufeinanderstoßen, das Firmament und eine bis zum Horizont reichende Wasserfläche.
Eberhard Schlotter malte das Bild 1957 in Altea mit Öl auf Leinwand. Heute ist es Bestandteil der Eberhard Schlotter Stiftung in Celle.
(Charlotte Kowollik)
Juli 2021
LANDSCHAFT, 1993
Mischtechnik auf Leinwand
Obwohl der Titel „Landschaft“ für ein Bild, das doch ein Stillleben zu sein scheint, zunächst verwirrend erscheint, ist er mehr als richtig, wenn man erfährt, was sich dahinter verbirgt. Seit 1990 malte Eberhard Schlotter eine beachtliche Anzahl von Aquarellen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit Krankheit und Sterben seiner Frau Dorothea stehen: Wie materialisierte Erinnerungen kreisen sie alle um einfache Gegenstände und um eine kleine Kapelle, die das Ehepaar im Hinterland von Altea oft besucht hatte. Auffällig an all diesen Bildern ist die Trennung in einen hellen und einen verschatteten Teil. Im Laufe der Zeit und mit dem Fortschreiten der Krankheit wurden die Aquarelle dunkler, die Schatten tiefer und größer.
Im Gemälde „Landschaft“ nahm Schlotter die Motive seiner Aquarelle wieder auf und setzte dem großen, in den Hintergrund verschwindenden Schatten eine weiße, leuchtende Fläche entgegen, deren Umriss an jene Kapelle erinnert, zu der er mit seiner Frau so gern gewandert war. Über den letzten Ausflug dorthin, etwa 2 Monate vor ihrem Tod, notierte er in sein Tagebuch: „Sehr schöner Tag und sehr schöne Frühlingslandschaft, in der sich ein steiniges Grau mit dem Duft von Rosa mischt.“
Juni 2021
Eberhard Schlotter auf dem Arm seiner Mutter im Juni 1921
Das Archiv der Eberhard Schlotter Stiftung sammelt neben den Kunstwerken auch Archivalien, also Fotos, Briefe oder Materialien, die im Zusammenhang mit Publikationen stehen. Anlässlich der Ausstellung „Jugend – Krieg – Aufbruch“, die 1995 im Bomann-Museum Celle gezeigt wurde, kamen Abzüge privater Photographien Eberhard Schlotters in das Archiv der Stiftung. Dieses ist das älteste Foto und zeigt Eberhard Schlotter im Kleidchen auf dem Arm seiner Mutter Irene, geb. Noack. Es ist möglicherweise bei seiner Taufe aufgenommen worden.
Das luftige Sommerkleid der Mutter ist durch diverse Schmuckstücke für einen besonderen Anlass aufgewertet: Sie trägt ein Diadem aus zwei zierlichen, wohl goldenen Reifen, eine Perlenkette und eine Brosche, außerdem ist deutlich der Ehering zu sehen. Es ist anzunehmen, dass dies wirklich ein Festtagsschmuck der Mutter war, denn die Familie Schlotter war keineswegs wohlhabend.
Der Vater war Bildhauer und als Lehrer an der Handwerker- und Kunstgewerbeschule in Hildesheim tätig, und die Familie war groß: Eberhard war nach seinem Bruder Georg (geboren 1919) das zweite von vier Kindern des Ehepaars Schlotter. Ihm folgten noch Gotthelf, geboren 1922 und Irene, geboren 1935. Während Gotthelf Bildhauer wie sein Vater wurde, arbeiteten Georg und Irene als Goldschmiede. Eberhard zog es, wie seinen Onkel Georg, zur Malerei. Die Veranlagung zum Künstler war ihm also regelrecht in die Wiege gelegt.
Mai 2021
Leerer Platz, 1954
Öl auf Rupfen
1952 reiste Eberhard Schlotter erstmals – als Tourist – nach Spanien. Sehr bald aber zog es ihn dauerhaft dorthin, wo er fernab des deutschen, aufblühenden und umkämpften Kunstmarktes Ruhe und Motive fand, aus denen er seine schöpferische Kraft zog. Es entstanden extrem stille und in ihrer Darstellung sowie in der Maltechnik reduzierte Bilder. Meistens zeigen sie menschenleere, von Architektur geprägte Stadtansichten. Schlotter interessierte sich in dieser Phase vor allem für die Verteilung der Farben auf der Bildfläche, für die Auswirkung von Licht und Schatten und das Zusammenwirken verschiedener Formen.
April 2021
DIE STRUMPFHOSE, 1984
Öl auf Leinwand
Wie viele Künstler, so befasste auch Eberhard Schlotter sich mit dem Motiv der Puppe. Seit den späten 1960er Jahren tauchen Puppenköpfe und Puppenkörper oder einfach Puppenteile in seinen Bildern auf. Meist verwendete er die Puppen in einem sexualisierten Kontext. Das ist so verwunderlich nicht, denn sprachlich ist der Bezug zwischen dem Spielzeug und der Frau durchaus gegeben: In den 60er Jahren war noch üblich, junge Frauen als „Puppe“ zu bezeichnen – auch ohne, dass dies als abfällig empfunden wurde. Die hier dargestellte Puppe ist allerdings einer Schaufensterpuppe entlehnt: Sie ist in sitzender Haltung gemalt, ohne, dass ein Stuhl sichtbar wäre und befindet sich offenbar in einem kastenähnlichen Raum – möglicherweise einem Schaufenster. Da sie lediglich mit einer Strumpfhose bekleidet wurde, scheint die Dekoration noch nicht abgeschlossen – für den Künstler aber ist gerade dieser Zustand so interessant, dass er die Illusion, die eine Schaufensterpuppe aufbaut, so weit führt, dass den Betrachter des Gemäldes die Schnittstellen, an denen die Einzelteile der Puppe zusammengesetzt sind, als Irritation auffallen. Die Erscheinung der Puppe ähnelt so sehr der einer Frau aus Fleisch und Blut, dass wir geneigt sind, die Frau als ein Objekt behandelt zu sehen statt die Puppe als Puppe wahrzunehmen. Dieser verwirrende Effekt ist natürlich gewollt und mit meisterlich eingesetzten Darstellungsmitteln erzielt worden. Dies ist eines der letzten Bilder, in dem Schlotter das Motiv der Puppe verwendet hat.
März 2021
Volcán, 1969
Öl auf Leinwand
Der wie ein Phantasiegebilde scheinende grüne Vulkan ist einem beliebten katalanischen Ausflugsziel nachempfunden, dem Volcà de Santa Margarida, einem erloschenen Vulkan im Nordosten von Katalonien. Er liegt zwischen Olot und Santa Pau. Sicherlich hat Schlotter ihn besucht. In dessen tatsächlich kreisrunden Krater, in dem sich in Wahrheit eine kleine Kapelle befindet, hat Schlotter eine Glaskugel gesetzt, in der er sich, in einem Zimmer sitzend, spiegelt. Dieses Zimmer ist sein Studio in Altea, wohin er Gäste einlud, um ihnen dort seine Bilder zu zeigen. So kann man den ausgestreckten Zeigefinger wohl als echten Zeigegestus verstehen. Obwohl der Künstler uns anschaut, zeigt er nicht notwendigerweise hinaus, sondern vielleicht auf ein Bild, das sich außerhalb der gespiegelten Fläche befindet. Geheimnisvoll bleibt, wie der (scheinbar) gefährliche Vulkan und die kleine Welt des Künstlers zusammenhängen.
Februar 2021
Eberhard Schlotter
Libertad y Glorieta, 1978,
Öl auf Leinwand,
70 x 89 cm
In den 1970er Jahren bevorzugte Eberhard Schlotter phantastische Szenerien, deren Reiz für den Betrachter in der Diskrepanz zwischen realistischer Malweise und surrealem Inhalt besteht. „Libertad y Glorieta“ (Freiheit und Gloriette) zeigt uns einen Aussichtsplatz, von dem herab ein Pärchen in die monumentale, aber weitgehend nicht sichtbare Landschaft schaut. Solche Aussichtsplätze gibt es in der Umgebung Alteas (Costa Blanca, Spanien) viele. Sie heißen allerdings „miradores“ und das Pärchen im Mittelgrund des Bildes verweist auf diese Funktion des dargestellten leeren Platzes. Im Vordergrund befinden sich drei nackte Frauen, zusammengepfercht unter einer Glasglocke wie sie z.B. für Uhren benutzt wird. Ihre Anwesenheit, ihre Gefangenschaft und ihre Nacktheit sind vollkommen unerklärlich. Darüber hinaus scheint der Titel des Bildes sie auch gänzlich zu ignorieren.
Dieser Titel nimmt ironisch Bezug auf einen Kampfruf aus dem Spanischen Unabhängigkeitskrieg gegen Napoleon (1807 – 1814): „¡libertad y gloria!“, also „Freiheit und Ruhm!“. Eines der berühmtesten Gemälde der Kunstgeschichte, nämlich „Die Erschießung der Aufständischen am 3. Mai 1808“ von Francisco de Goya bezieht sich unmittelbar auf die dramatischen Ereignisse dieser Zeit.
Das Wortspiel macht aus „gloria“ (Ruhm) „glorieta“, was in diesem Zusammenhang nach einer Verkleinerungsform und Verniedlichung klingt, obwohl „glorieta“ eine von „gloria“ unabhängige Bedeutung hat: Eine „glorieta“ ist eine tempelartige Architektur auf einer Anhöhe, die meist mit einer Residenz, einem Schloßpark o.ä. in Verbindung steht. Auf einen solchen Zusammenhang weist im Bild aber nichts hin. Ebenso versucht man vergeblich, einen Hinweis auf die Freiheit zu finden.
Dieses Bild wurde von zwei Celler Künstlerinnen als Inspiration für ihre beim Wettbewerb „Celler KünstlerInnen zu Gast bei Eberhard Schlotter“ ausgewählt. Ihre Bilder werden so bald wie möglich in einer neuen Ausstellung in der Eberhard Schlotter Stiftung im Bomann-Museum Celle zu sehen sein.
Januar 2021
Eberhard Schlotter
Arc de Triomph, 1976
Öl auf Leinwand
50 x 70 cm
Sein Handwerk beherrschte Eberhard Schlotter wie kaum ein anderer zeitgenössischer Künstler – Alles konnte er malen. Gerade deshalb musste er für sich selbst einen neuen Schaffensantrieb finden. Er schuf damit Gemälde, die uns verführen, das Gesehene zu glauben, bis wir auf die vom Künstler gestreuten „Stolpersteine“ stoßen, die uns bewusst machen, dass der Maler Alles nur erfunden hat. Seine Bilder werden zu einem ganz eigenen Kosmos – die Phantasie des Künstlers triumphiert über die Realität.
In seinem Gemälde „Arc de Triomphe“ malte Schlotter eine weite, leere Landschaft unter einem dramatischen Wolkenhimmel, in die er ein Stück Architektur hineinstellte. So rätselhaft die Erscheinung dieses Architekturteils ist – eine Ruine ist weit und breit nicht in Sicht – so merkwürdig sind die weiteren Bestandteile dieses Bildes: Eine aufgeschnittene Apfelhälfte, ein blühender Zweig, der durch ein Loch im Boden (oder in der Leinwand?) zu wachsen scheint und eine auf unerklärliche Weise aus dem Boden auftauchende Glaskugel, in der man Schlotter selbst, in seinem Atelier sitzend, erkennt. Schließlich ist da im dunklen Vordergrund noch ein schemenhaft erkennbares Auge – zu wem es gehört, bleibt ungeklärt.
Dezember 2019
Eberhard Schlotter
Von Wind und Spiegel verzerrt, 1968
Farblithographie
50 x 70 cm
Über seine experimentelle Arbeit mit Zerrspiegeln sagte Eberhard Schlotter:
„Ich besorgte mir eine biegsame Aluminium-Folie, polierte sie und begann nun zu beobachten, wie bei Verbeulungen der Fläche aus einem Kopf … mehrere Köpfe wurden. Aufregend war, dass die Deformans, […] auch Anblicke eines Bewegungs-Ablaufs, eines Tanzes z.B. [zu vermitteln schien]. Es schienen geradezu Zeit-Abläufe von Alterserscheinungen an einem Menschen erkennbar zu werden. Zugleich ließ sich das Hinauswachsen des Körpers im Raum beobachten.“
Dieses und ähnliche Bilder, die Schlotter zwischen dem Ende der 60er und Anfang der 80er Jahre schuf, werden Teil der neuen Ausstellung „Irre Welten – Eberhard Schlotter und die Wirklichkeit“, die im Frühjahr 2020 eröffnet werden soll.
November 2019
Eberhard Schlotter
Los viejos de Bollula, 2002
Mischtechnik auf Leinwand
80 x 60 cm
Noch bis zum 3. 11. 2019 präsentiert die Eberhard Schlotter Stiftung die Ausstellung „SCHWARZE KUNST – Entdeckung einer Farbe im Werk von Eberhard Schlotter“.
Mit dem harten Licht Spaniens entdeckte Eberhard Schlotter auch die Qualitäten des Schattens und eroberte so die schwarze Farbe für seine Bildwelten.
Das vorliegende Beispiel ist eine alltägliche Szene aus seiner spanischen Wahlheimat, in der die Farbe schwarz vor allem durch die Kleidung alter Menschen ins Bild gerät. Doch auch der tiefe Schatten des Hauseingangs oder die Vertiefungen im Putz der Hauswand stellen Varietäten von Schwarz vor, die wir im Allgemeinen gar nicht wahrnehmen. Im Bild allerdings nehmen sie eine wichtige ordnende Funktion ein.