März 2024
ohne Titel, 1990, Aquarell
Das Aquarell hatte auf Eberhard Schlotter von Kindheit an eine große Faszination ausgeübt. Gern hätte er mit den Farben seines Vaters gemalt, allein ihr Geruch hatte ihn gelockt. Doch der Vater, ein armer Bildhauer und Lehrer an der Gewerbeschule in Hildesheim, erlaubte es nicht. Aquarellfarben waren sehr teuer und durften nicht verschwendet werden.
Sein Leben lang erinnerte sich Schlotter an diese kindliche Sehnsucht. Und daran, wie hart er gearbeitet hat, um den Vater schließlich doch überzeugen zu können, dass die Farben an ihn nicht verschwendet waren. Seine ersten Aquarelle schuf Schlotter bereits als 13-Jähriger. Doch bis ins hohe Alter begleitete ihn diese Maltechnik, wann immer er unterwegs war, gleichgültig, ob er auf großer Reise oder war nur auf einem kleinen Ausflug machte.
Das vorliegende Aquarell entstand 1990, als Schlotter bereits fast 70 Jahre alt war. Es trägt keinen Titel, doch die Darstellung lässt vermuten, dass es auf einem Ausflug in die Umgebung Alteas entstanden ist.
Es zeigt die sonnenbeschienene Wand eines Gebäudes, das offenbar in der Landschaft steht, nicht im Ort Altea. Wände aller Art haben Schlotter gefallen. Möglicherweise weil er vor seinem Kunststudium eine Ausbildung zum Maler absolviert hatte, in der er alle Arten von Anstrichen, Verputzen und Bearbeitung von Mauerwerk erlernt hatte. Mauern und Wände waren gleichsam sein Metier. Er hatte ein besonderes Feingespür für ihre Oberflächen und Materialität, das sich auch in diesem Aquarell bemerkbar macht: Im hellen Licht bleiben die Risse und Wunden als dunklere Linien bestehen. Der Maler nutzte die raue Oberfläche des Papiers, um die Wandoberfläche mit winzigen dunkleren Farbflecken spürbar zu machen. Alle weiteren Bestandteile des Bildes haben ihn weniger interessiert, und so hat er das angrenzende Haus nur angeschnitten, die umgebende Landschaft nur mit groben Strichen angedeutet. Wichtig war ihm, die gelbe Wärme der von der Sonne angestrahlten Wand in ihrem schönen Kontrast zum wolkenlos blauen Himmel zu zeigen.