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September 2023

Johanna und Dorothea, 1950/51, Öl auf Rupfen, 140 x 140 cm.

Das Doppelporträt seiner jüngeren Schwester Johanna (geboren 1935) und seiner Frau Dorothea (geboren1923) entstand zwischen 1950 und 1951, als Schlotter bereits in Darmstadt lebte. In diesen Jahren bekam er auch erste Aufträge aus öffentlicher Hand im Programm „Kunst am Bau“. Die Arbeit an großen Hauswänden hat seine Formauffassung entscheidend verändert. Noch ein Jahr zuvor entstanden Gemälde mit sehr kleinteiliger Bildaufteilung und vielen Details, auch wenn er sich durch das Studium der französischen klassischen Moderne (Picasso, Matisse, Braque) bereits weit von seiner in München erlernten, an Wilhelm Leibl orientierten Malweise entfernt hatte. 

Wir sehen die Schwägerinnen auf einem Sofa oder Bett sitzend. Johanna lehnt sich, halb liegend, an Dorothea an, die sehr aufrecht und dominant hinter ihr sitzt. Ihr gelber Pullover ist das Zentrum der Komposition und ein krasser Gegensatz zu der dunklen Kleidung Johannas. Auch die Sitzrichtungen der beiden Frauen ist gegenläufig. Die vielen formalen Spannungen machen das auf den ersten Blick harmonische Bildnis überhaupt erst interessant.

Darüber hinaus bemühte sich der junge Künstler mit klarer Linienführung, schattenloser und flächiger Körperdarstellung sowie großen Farbflächen um eine zeitgemäße Form des Porträts. Es war ihm möglicherweise wichtiger, diese formale Aufgabe zu lösen als ein psychologisierendes Doppelporträt zu schaffen.

In Anknüpfung an den progressiven Geist der um 1900 gegründeten Künstlerkolonie begann die Neue Darmstädter Sezession 1950, Ausstellungen mit öffentlich zugänglichen Symposien, den berühmten Darmstädter Gesprächen, zu verknüpfen. Theorie und Praxis sollten unmittelbar aufeinander treffen. So wollte und konnte sich die Mathildenhöhe in Darmstadt als wichtiges Zentrum zeitgenössischer deutscher Kunst der Nachkriegszeit etablieren.

1950 stand die Ausstellung unter dem Motto „Das Menschenbild in unserer Zeit“, 1951 war es  „Mensch und Raum“. Da Eberhard Schlotter Mitglied der Sezession war, hat er an diesen Ausstellungen teilgenommen und sich mit seinem Beitrag dem Thema gestellt.